Roter Regenschirm

eine zusammenkunft

    an einem stillprasselnd regnerischen tag, der freitag, an dem der durchdringend graue himmel gähnend über der stadt wie eine decke hing, machte ich mich auf dem weg in ein lokal, in welches ich mich schon beim ersten besuch schwerwiegend verliebt habe. mit einem blauen regenschirm verließ ich dann das haus.

    ich mochte die stimmung an jenem tag. das lückenlose grau der himmelsdecke verlieh meinem depressiven gefühlsmantel einen wohltuenden duft und der regen hauchte der atmosphäre besonderes ein, gab dem ganzen einen feinrunden rahmen, um geschehnisse geschehen zu lassen.

    meine straßenbahn kam, sie trug die nummer 2, die mich zu dem lokal, welches nach versinkend liebenswerter gemütlichkeit schreit, bringen sollte. ich stieg nicht ein... sondern machte mich auf dem weg zu einem geschäft, das seinen anker in meinem gedächtnissmeer geworfen hatte, und mir jetzt in dem moment einfiel, nämlich das kleine regenschirm geschäft auf der anderen straßenseite. mir ist es nie sonderlich aufgefallen, da es recht unscheinbar altmodisch schlafruhend sich zwischen den prahlend neustrahlendmodernen geschäften gemütlich gemacht hatte.  nur einmal fiel es mir beim vorbeigehen auf und ich wunderte mich damals, dass es heutzutage noch ein fachgeschäft für regenschirme gibt (!)

    ich ging hinein und stand in einem halbgroßen raum voller regenschirme, jeglicher art, jeglicher form und jeglicher farbe! jede einzelne regenbogenfarbe befand sich feinsäuberlich gereiht, jede farbe hatte dort ihren erwählten platz. sie kuschelten sich eng aneinander geschmiegt und ruhten leise schlummernd für sich oder gemeinsam. sogleich kam auch ein nettausschauender mann aus einem kleineren nebenraum und schaute mich aufmerksam an, wartend auf mein anliegen.

"ich möchte einen schirm. einen bestimmten schirm. ein roter sollte es sein!"

erwiderte ich ihm auf seinem blick. er gab mir dann verschiedene, die ich eingehenst betrachtete, doch alle waren mir nicht recht. während meiner hörbar zahnraternden überlegung, kam, für mich total überraschend, ein herr herein. (ich dachte nicht im geringsten daran, dass auch noch andere menschen in dieses klein-unscheinbare geschäft kommen würden. warum eigentlich nicht ?) er war anscheinend vom regen überrascht worden und suchte (natürlich!) einen regenschirm, einen beliebigen, hauptsache er erfülle seinen zweck. so wurde er auch schnell fündig und verschwand auch so schnell wie er gekommen war. gleich danach kam schon ein anderer herr herein, der englisch sprach. auch ihn trieb der plötzliche regen in dieses geschäft. im gegensatz zum vorherigen mann, wünschte er sich einen robusten stockschirm. währenddessen trudelten zwei ältere damen durch die tür. sie wussten aber nicht genau nach welchem schirm sie suchen sollten und ließen ihre blicke schnell über die neugierig gewordenen schirmchen schweifen. fühlend ratlos und verwirrt überlegten sie leise murmelnd miteinander, fast schon verschwörerisch. und ich musste bei dem anblick lächeln...

    plötzlich fand mich mein schirm! , es war ein kleiner roter knirpser, robust und rotstrahlend fröhlich zwinkerte er mir zu! glücklich über meinen kleinfein roten regenschirm, bezahlte ich und ging mit einem lächeln und einem schmunzeln aus dem kleinen schüchternen regenschirmgeschäft, das sich gemütlich ruhend in der belebten straße ein zu hause fand.